8. Tag
Von Hermigua nach Vallehermoso
(locko)
18. März 2007

Wenn es schlimm ist, oder DAS Schlimmste, wenn das Bier alle ist, dann ist es umso schöner, wenn man welches hat und es nach einer nicht all zu langen aber wegen der aufgeweichten Wege umso anstrengenderen Wanderung an einem gemütlichen Plätzchen trinken kann. Tja, nun sitze ich hier auf der Terrasse des Castillo del Mar in Vallehermoso und denke mir "...armer deutscher Satz...". Die heutige Etappe verlief auf dem GR 132 von Hermigua, Santa Catalina über Lepe, Agulo, Juego de Bolas, El Tion, Roque el Cano nach Vallehermoso. DER Hauptstadt des Nordwestens mit eigenem Ayuntamiento.

Wenn einem der Weg schonmal nach Vallehermoso führt, dann sollte man unbedingt das Castillo del Mar besuchen. Thomas Müller, der "El Fotografo" von La Playa, hat sich hier an einer alten Bananenverladestelle ausgetobt und sich und der Nachwelt ein beeindruckendes Denkmal gebaut. In regelmäßigen Abständen, im Zeitraum meiner Reise immer Samstags, finden hier Konzerte unter freiem Himmel statt. Für zwei Euro Eintritt kann man sich hier aber die ganze Woche über umsehen, etwas trinken und essen - zu fast deutschen Preisen. Der Blick von der Terrasse, der Klang der Wellen (...el ruido de las olas..., ein Song der "Los Tres de Valle Gran Rey, sehr empfehlenswert) und die häufig gute Sicht auf die Nachbarinsel Teneriffa entschädigen mehr als genug. In was für einem Luxus ich doch schwelge!

Ganz und gar keinen Luxus versprüht der Charme meines Zimmers in Vallehermoso. Zwar habe ich mit elf Euro für eine Nacht so wenig bezahlt, wie in meinem ganzen diesjährigen Aufenthalt nicht, allerdings wohnte ich auch noch nicht so unkomfortabel wie hier. Sauberkeit? Naja. Ich hoffe, dass die leicht klamme Matratze nicht voll ist mit Bettwanzen. Der Vorteil der Pension "Ampayo" ist aber, dass sie zentral liegt und ich morgen ohne viel Aufhebens in das Valle Gran Rey, meine vorletzte Etappe, aufbrechen kann. Außerdem bietet das angeschlossene Restaurant eine einfache, preiswerte und gute kanarische Küche. Und das brauche ich heute sicher noch.

Die heutige Tour von Hermigua nach Vallehermoso war nicht sehr weit. Außerdem dachte ich, dass der Höhenunterschied auf dem Weg nicht mehr als 600-700 Meter betragen würde. Aber auch hier täuschte ich mich. Ebenso wie die zurückliegenden Etappen steht auch diese in voller Länge in keinem Wanderführer, lediglich wenige Teilstücke sind beschrieben. Ab Hermigua ging es immer mal mehr und mal weniger steil hinauf und hinab. Ich startete etwa auf Meereshöhe, mein Barometer zeigte hier 1021 Hektopascal (angenehm hoher Luftdruck). Den ersten "Gipfel" (oberhalb von Juego de Bolas) überschritt ich bei 931 Hektopascal, was in etwa einem Aufstieg von 900 Höhenmetern entsprach. Danach ging es wieder 100 Meter bergab und dann wieder 100 Meter bergan. Insgesamt betrug der Höhenunterschied im Aufstieg somit etwa 1000 Höhenmeter - ich verschätzte mich also um nicht unbedeutende 300-400 Meter. Da Vallehermoso ca. 150 Meter über Meereshöhe liegt, brauchte ich abschließend "nur" 850 Höhenmeter herunter gehen.

Der gestrige Regen hat den in der Lorbeerwaldzone zu dieser Jahreszeit ohnehin sehr rutschigen Wegen arg zugesetzt (immerhin ist noch "Winter") - ein Großteil der Strecke war mehr eine abgefahrene Schlammschlacht als eine gemütliche Waldwanderung. Wie gut dachte ich, dass ich gestern meine Wanderstiefel eingewachst habe. Jetzt sehen sie wieder aus wie Sau. Mit dem schweren Rucksack auf den Hüften musste ich außerdem ganz schön aufpassen, nicht auszurutschen und mich komplett einzusauen bzw. große Teile des Abstiegsweges auf dem Hintern zu verbringen. Das wäre ein zweifelhaftes Vergnügen gewesen. Im Wald wurde es außerdem noch ziemlich nass von "oben". Tja, die Blätter der Gagelbäume (Myrica faya) und die Sabinas (Wacholderbäume, hier eher Nadeln) waren tropfnass. Die Durchquerung der zahlreichen "Hohlwege" (umsäumt mit den genannten Bäumen) war verbunden mit einer unfreiwilligen Dusche. Der Rucksack, ich und (wieder mal) meine Schuhe von innen - alles klatschnass. Den größten Teil des Höhenwegs lief ich zudem in dichten Nebel.

Aus Respekt vor den beeindruckenden Congestuswolken über dem Meer bin ich heute sehr früh aufgebrochen. Noch gestern türmten sie sich schnell zu passablen Gewitterwolken auf und brachten dann auch für die Kanaren recht untypische schwere Gewitter. Bis zu meiner Ankunft in Vallehermoso regnete es aber bis auf die unvermeitliche Nebelnieselei nicht mehr. Es sah zum Zeitpunkt meiner Ankunft eher so aus, als ob die Inseltypische Passatwetterlage wieder Einzug hält - der Nebel, der relativ hohe Luftdruck - vieles sprach dafür. Lediglich die Temperaturen lagen noch im Bereich um die 17-18 Grad, was auf Meereshöhe auch im Winter recht "kühl" für die Kanaren ist. Trotz hohen Luftdrucks scheinen sich die Wolken des abgezogen geglaubten Tiefs noch nicht vollständig abgeregnet zu haben.

Später würde ich anhand der Wetterkarten noch deutlich sehen, was die Ursache für die heftigen Niederschläge gewesen ist und was für die in den nächsten Tagen noch folgenden Niederschläge verantwortlich sein würde. Zwei Hochs, ein anwachsendes über den Azoren und ein stabiles über der westlichen Sahara (was auch für die Calima verantwortlich war) nahmen das Tief in die "Mangel". Seine ihm zugewiesene Zugbahn von West nach Ost versperrte ihm das Saharahoch, nach Norden konnte es nicht abziehen, da war ja das Azorenhoch. Nach Süden wandert man als Tiefdruckgebiet nicht so gern, so dass nur eines übrig blieb: bleiben wo man ist, in die höheren Luftschichten ausweichen und dabei ordentlich herumpöbeln und für Unruhe sorgen. Ja, ja, die bedrängten Tiefs...

Morgen würde ich die vorletzte Etappe beginnen: in das Valle Gran Rey über Chorros Epina, Arure und die Hochjebene La Merica. Dass daraus nichts werden würde, wusste ich allerdings zum Zeitpunkt, als ich die Ereignisse dieses Tages notierte aber noch nicht. Warten wir es ab. Der Tag klang im "Ampayo" bei Fisch, Papas arrugadas und einer Flasche Vallehermoso-Rotwein aus.

Alle Bilder sind von Thomas Hering. Sie können für nicht komerzielle Zwecke und unter Verweis auf den Urheber kostenfrei verwendet werden.